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Die Änderung eines bestehenden Vertrags durch Anklicken der Schaltfläche »Ich stimme zu«
 
Ein rasches Klicken auf die »Ich stimme zu«-Schaltfläche im Internet, ohne zuvor die mit diesem Einverständnis verbundenen Bedingungen gelesen zu haben, kann uns mitunter teuer zu stehen kommen und sogar eine substantielle Änderung eines bestehenden Vertrags verursachen, ohne dass wir uns dessen bewusst wären. Sollte man also einen Augenblick innehalten und den ganzen Vertrag lesen?

So mancher vergleicht unseren Umgang mit Internetverträgen mit dem lauten Ruf des Volkes Israel, als es am Berg Sinai von Moses die Thora – »die Lehre« – erhält: »Alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun; wir wollen gehorchen« (Exodus 24:7).
Das heißt, zuerst erklären wir unser Einverständnis, mit den Bedingungen setzen wir uns jedoch erst später auseinander.

Im Unterschied zu dem dramatischen Ereignis in der Sinai-Wüste kann die Haltung »Ich stimme zu und werde erst später studieren, welche Bedingungen mit meinem Einverständnis verknüpft sind« auf zwischen zwei Partnern bestehende Verträge folgenschwere Auswirkungen haben.

Am 24.3.2014 wurde im amerikanischen Bundesstaat Delaware eine einstweilige Verfügung zur Klage eines Arbeitgebers gegen eine Arbeitnehmerin in führender Position erlassen. Es ging um die Umsetzung von Einschränkungen der Beschäftigungsfreiheit und das Abwerbungsverbot nach Kündigung des Arbeitsplatzes (Case Nr. 9398-VCN -NEWELL RUBBERMAID INC v. SANDY STORM).
Die in Arbeitsverträgen festgelegten Einschränkungen der Beschäftigungsfreiheit und das Abwerbungsverbot sind routinemäßig üblich und entbehren nicht einer gewissen Logik. In jüngsten Jahren tendieren die israelischen Gerichte dazu, verschiedene Ausgleichskriterien festzusetzen, die einerseits das Interesse und das Eigentumsrecht des Arbeitgebers schützen – z.B. Kundenlisten, Geschäftsgeheimnisse und Verträge mit Vertreibern − andererseits jedoch auch den Arbeitnehmer vor einer unangemessen langen erzwungenen Arbeitslosigkeit zu schützen, und das sowohl geografisch, als auch fachlich.

Die Vertragsänderung im dargestellten Fall bestand darin, dass der Arbeitnehmerin in ihrem
ursprünglichen Arbeitsvertrag nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses keinerlei Einschränkungen der Beschäftigungsfreiheit und auch kein Abwerbungsverbot auferlegt worden waren.

Wie also konnte ein Vertrag entstehen, der die ursprünglichen Arbeitsbedingungen änderte und der Arbeitnehmerin neue Einschränkungen auferlegte, von denen im Originalvertrag keine Rede war? Sehr einfach!

Die Arbeitnehmerin, eine hervorragende Mitarbeiterin, erhielt alljährlich einen Bonus in Form von Aktien/Optionen, die sie unter bestimmten Bedingungen − die nichts mit einer Einschränkung der Beschäftigungsfreiheit oder dem Abwerbungsverbot zu tun hatten – wahrzunehmen berechtigt war.
Dabei war es im besagten Unternehmen allerdings üblich, dass die Arbeitnehmerin, um den Bonus für ein bestimmtes Jahr zu erhalten, auf die Internetseite des Arbeitgebers gehen, und sich für diesen ihr zugestandenen Bonus eintragen musste. 
Auf dieser Webseite musste sie zunächst eine strukturierte Prozedur durchgehen, damit der Bonus, sprich die Aktien, auf ihren Namen übertragen werden konnten.

Dazu muss betont werden, dass auf der ersten Seite, die sich bei diesem Verfahren öffnete, eine Notiz erschien, wonach ein Arbeitnehmer die Bedingungen für den Erhalt des Bonus überprüfen und lesen müsse, bevor er mit der Prozedur fortfahre.
Unter dieser Notiz erschien ein Link zu einem PDF-Dokument, das die vertraglichen Bedingungen für den Erhalt des Bonus erläuterte (im Folgenden: »die Bedingungen«).
Unter all dem stand im Fettdruck: »Um den Bonus zu erhalten, müssen Sie die im obigen Dokument aufgeführten Bedingungen lesen und akzeptieren

Die Notiz sagte, ein Arbeitnehmer werde den Bonus erhalten, wenn er unterhalb des PDFs auf »Ich stimme zu« klicke. Und tatsächlich erschien an dieser Stelle die »Ich stimme zu«-Schaltfläche.

Die Arbeitnehmerin klickte die »Ich stimme zu«-Schaltfläche an, ohne die Bedingungen für den Erhalt des Bonus gelesen zu haben.
Nachdem sie ihre Arbeitsstelle aus eigenem Wunsch gekündigt hatte, begann sie, bei einem direkten Konkurrenten ihres vorherigen Arbeitgebers zu arbeiten, im selben Bereich und mit demselben Hauptkunden, mit dem sie sich schon an ihrer alten Arbeitsstelle befasst hatte.

Zu ihrer Bestürzung musste die Arbeitnehmerin später feststellen, dass das Dokument, mit dem sie im Rahmen des Verfahrens für den Erhalt ihres Leistungsbonus in diesem fraglichen Jahr verlinkt worden war, insofern eine bedeutende Veränderung ihrer Arbeitsbedingungen beinhaltet hatte, als dessen Wortlaut (mit dem sie sich durch das Anklicken von »Ich stimme zu« einverstanden erklärt hatte) Bedingungen zur Einschränkung der Beschäftigungsfreiheit und zum Abwerbungsverbot vorgab… sogar sehr schwerwiegende und weitgreifende Bedingungen.

In einem vorläufigen Urteil bestimmte das amerikanische Gericht, dass das oben dargestellte Vertragsverfahren als Einverständnis der Vertragspartnerin (d.h., der Arbeitnehmerin) mit all den von ihr nicht gelesenen, im PDF- Dokument aufgeführten Bedingungen zu werten sei.

Das Argument, sie habe nicht ahnen können, dass ihre ursprünglichen Arbeitsbedingungen solchermaßen verändert, und durch weitere Bedingungen ergänzt werden könnten, die mit dem Bonus und dessen Gewährung nichts zu tun hätten, nützte der Angestellten nichts.

Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass der gewährte Bonus durchaus nicht endgültig war… die Möglichkeit, ihn wahrzunehmen, hing von kommerziellen Bedingungen sowie von der Dauer des Zeitraums ab, in dem die Arbeitnehmerin für die Firma gearbeitet hatte. Paradoxerweise war der Arbeitgeber auf Grund der Bedingungen und des Charakters des Bonus sogar befugt, diesen nach eigenem Gutdünken zu verweigern. Diese Tatsache war den Arbeitnehmern allerdings bekannt.
Wir haben es somit mit einem gelungenen »Trick« zu tun, ein ursprüngliches Vertragsverhältnis durch ein Anklicken der »Ich stimme zu«-Schaltfläche zu verändern.

Das gehört natürlich in die Kategorie von »nicht die feine Art«. Eigentlich hätte auf der Seite für den Erhalt des Bonus eine Warnnotiz an die Arbeitnehmer stehen müssen, dass hier eine Änderung der ursprünglichen Arbeitsbedingungen enthalten sei. Eine solche gab es jedoch nicht. Der Richter merkte zwar an, dies sei im Hinblick auf »Transparenz und Offenheit« kein angemessenes Verhalten gegenüber einem Arbeitnehmer, maß der elektronischen Einverständniserklärung seitens der Angestellten jedoch verbindliche Gültigkeit zu.

Am Rande sei noch bemerkt, dass der Arbeitgeber letztlich nur eine ziemlich begrenzte einstweilige Verfügung gegen die Arbeitnehmerin bekam. Ihr wurde verboten, mit ihrem Stammkunden zu arbeiten, jedoch nicht, im spezifischen Bereich oder mit anderen Kunden zu arbeiten. Der Arbeitgeber musste eine Kaution hinterlegen, um die Entschädigung der Arbeitnehmerin für ihren Schaden zu garantieren, falls seine Klage abgewiesen werden sollte.

Meiner Meinung nach hätte ein solches Ergebnis, das heißt, der Erhalt einer so begrenzten einstweiligen Verfügung, auch ohne eine Einschränkung der Beschäftigungsfreiheit im ursprünglichen Arbeitsvertrag und ohne den oben geschilderten »Trick« erreicht werden können.

 
Besorgniserregend ist allerdings, dass das Gericht es für richtig befand, einer auf die geschilderte Art vorgenommenen, so folgenreichen Veränderung eines bestehenden Vertrags Gültigkeit zu verleihen.

Das sollte uns allen als Warnung dienen, nicht allzu begeistert auf die »Ich stimme zu«-Schaltfläche zu klicken − in der Hoffnung, dafür etwas zu bekommen, sowie ohne die mit unserem Einverständnis einhergehenden Bedingungen mit gebührendem Ernst gelesen und verstanden zu haben.
 
Offen bleibt nur noch die Frage, ob Gott der Allmächtige dieses Gerichtsurteil ebenfalls als Präzedenz heranzieht und erwägt, ob er etwas tun kann, und sei es nur begrenzt, um uns zur Einhaltung unseres mit »alles, was der Herr gesagt hat, wollen wir tun« erteilten Einverständnisses zu zwingen?
Mir scheint, diese Frage muss in einer anderen Disziplin ihre Antwort finden, weshalb wir uns mit den obigen Ausführungen begnügen wollen.
 
Alle Rechte bleiben dem Verfasser, Rechtsanwalt Joseph Weinrauch, vorbehalten.

Der Verfasser dieses Artikels kann unter folgender Email-Adresse kontaktiert werden: j@pw-law.co.il
 
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